Aktuell konnten wir in einem aufwändigen und umfangreichen Schlepperprozess unseren Mandanten erfolgreich verteidigen.
Unserem Mandanten wurde von der Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis vorgeworfen, „gemeinsam mit zumindest zwei Mittätern im bewussten und gewollten Zusammenwirken in Suben und anderen Orten des Bundesgebietes die rechtswidrige Ein- und Durchreise von Fremden in oder durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Nachbarstaat Österreichs mit dem Vorsatz gefördert zu haben, sich oder einen Dritten durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern, wobei sie die Taten gewerbsmäßig (§ 70 StGB), in Bezug auf mindestens drei Fremde und als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung begangen hätte, indem unser Mandant die Schleppungen beauftragt hätte, die Fahrtrouten der Schleppungen vorgegeben habe und die Schlepperlöhne ausbezahlt hätte, während die beiden bekannten sowie weitere bislang Unbekannte die Schleppungen der Fremden mit diversen Fahrzeugen durchführt hätten sowie ein Mittäter Fahrer für die Schleppungen angeworben und an unseren Mandanten vermittelte hätten.“
Dieser Vorwurf liest sich zwar etwas sperrig, aber er lässt sich vereinfacht gesagt wie folgt zusammenfassen:
Unserem Mandanten wurde vorgeworfen, er hätte im Rahmen einer kriminellen Vereinigung die Schleppung von mehr als 60 Fremde (die Anklage wurde später auf mehrere hundert Personen ausgedehnt) durch Oberösterreich nach Deutschland organisiert.
§ 114 Abs. 1 FPG (Fremdenpolizeigesetz)
Wer die rechtswidrige Einreise oder Durchreise eines Fremden in oder durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Nachbarstaat Österreichs mit dem Vorsatz fördert, sich oder einen Dritten durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern, ist vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.
Die Bestimmung des § 114 FPG bildet die Grundlage zur Strafverfolgung von Schlepperei, mit der das unrechtmäßige Fördern von Ein- oder Durchreisen fremder Personen unterbunden werden soll.
Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG wird als Fremder jede Person definiert, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt. Daraus folgt, dass österreichische Staatsbürger nicht Gegenstand einer Schlepperei sein können. Daraus ergibt sich, dass die Schlepperei eines eigenen Staatsbürgers grundsätzlich nicht den Straftatbestand erfüllen kann. Beispielsweise kann ein Schweizer Bürger nicht in die Schweiz geschleppt werden, auch wenn er nach § 2 Abs. 4 Z 1 FPG als „fremd“ betrachtet wird. In diesem Kontext ist die Fremdheit daher auch in Relation zu dem Staat zu betrachten, in den die Einreise erfolgt oder durch den die Durchreise stattfindet.
Der Grundtatbestand gemäß § 114 Abs. 1 FPG bestraft jede Förderung einer rechtswidrigen Ein- oder Durchreise eines Fremden in oder durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einen Nachbarstaat Österreichs. Entscheidendes Merkmal ist dabei der Vorsatz, sich oder einen Dritten durch ein Entgelt unrechtmäßig zu bereichern. Nicht jede Unterstützung einer rechtswidrigen Einreise erfüllt also den Straftatbestand der Schlepperei. Fehlt der Vorsatz auf unrechtmäßige Bereicherung, kann es sich um eine Verwaltungsübertretung gemäß § 120 Abs. 3 Z 1 FPG handeln; diese wird in der Regel mit Geldstrafen maßgeregelt.
Darüber hinaus regelt § 114 Abs. 7 FPG den internationalen Anwendungsbereich. Die Schlepperei ist auch dann strafbar, wenn sie im Ausland begangen wurde, sofern österreichische Interessen betroffen sind – etwa, wenn Österreich das Ziel der geschleppten Personen ist.
Gemäß § 114 Abs 5 FPG sind die Geschleppten selbst straflos. Diese Regelung unterstreicht den Fokus auf die strafrechtliche Verfolgung der Schleuser. Geschleppte können jedoch als Zeugen eine wichtige Rolle in den Ermittlungen spielen, weshalb ihre Abschiebung im Bedarfsfall ausgesetzt werden kann.
Die einfache Form der Schlepperei wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft. Das Gesetz verschärft die Strafen insbesondere für jene Täter, die die Schlepperei gewerbsmäßig betreiben, etwa durch das Organisieren von Transportmitteln oder die Bereitstellung gefälschter Dokumente.
Qualifizierungen und erhöhte Strafrahmen:
Die Strafbarkeit der Schlepperei wird in § 114 Abs. 2 bis 4 FPG weiter differenziert. So sieht das Gesetz höhere Strafrahmen für schwerwiegendere Fälle vor:
- Rückfall (§ 114 Abs. 2 FPG): Wer innerhalb der letzten fünf Jahre wegen Schlepperei verurteilt wurde, riskiert bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe.
- Gewerbsmäßigkeit, mehrere Geschleppte oder qualvolle Umstände (§ 114 Abs. 3 FPG): Werden mindestens drei Personen geschleppt oder in qualvollen Zuständen gehalten, drohen Freiheitsstrafen zwischen sechs Monaten und fünf Jahren.
- Lebensgefährdung oder organisierte Kriminalität (§ 114 Abs 4 FPG): Eine noch schärfere Bestrafung (ein bis zehn Jahre Freiheitsstrafe) erfolgt, wenn das Leben der Geschleppten gefährdet wird oder die Tat als Mitglied einer kriminellen Vereinigung begangen wird.
Unser Mandant hatte den „Hattrick“ geschafft: kriminelle Organisation, Gewerbsmäßigkeit und die hohe Personenanzahl der geschleppten Personen. Dennoch konnte für unseren äußerst zufriedenen Mandanten eine Freiheitstrafe von „nur“ 3,5 Jahren erreicht werden, welche er durch die lange Untersuchungshaft zum guten Teil bereits verbüßt hat.
Mag. Robert Rieger, Strafverteidiger und Rechtsanwalt in Wels
weiterführende Links:
https://www.heute.at/s/schlepper-21-schmuggelt-141-personen-prahlt-im-netz-120049117
https://www.meinbezirk.at/ried/c-lokales/schlepper-geht-mehr-als-drei-jahre-ins-gefaengnis_a7046843