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Strafrecht: L’amour toujours und Ausländer raus

Anwalt in Wels für Delikte nach dem Verbotsgesetz und bei Wiederbetätigung

Vergangene Woche konnte unser Team wieder einen medienaufmerksamen Fall am Landesgericht Wels verteidigen.

In der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wels wurde unserem Mandanten zur Last gelegt, mit zwei „Mittätern“ im Juli 2024 in Bad Ischl „im bewussten und gewollten Zusammenwirken sich auf andere als die in den §§ 3a bis 3f VerbotsG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt zu haben, indem sie auf der Straße vor einem Nachtlokal zu dem Lied L‘amour toujours von Gigi D‘Agostino „Ausländer raus“ skandierten, den Hitlergruß darboten und dabei „Heil Hitler“ und „Sieg Heil“ riefen.“

Rechtlich ist dem jedoch entgegenzuhalten, dass das Singen des auf „Ausländer raus“ umgedichteten Liedes L’amour toujours per se nicht strafrechtlich relevant ist und weder dem Tatbild der Wiederbetätigung im Sinne des Verbotsgesetzes entspricht noch als Verhetzung (§ 283 StGB) zu subsumieren ist.

Als objektiv geeignet, das Tatbildmerkmal der Betätigung im nationalsozialistischen Sinn zu verwirklichen, erachtet der Oberste Gerichtshof hingegen unter anderem die Glorifizierung der Person Adolf Hitlers und die propagandistische Verwendung typisch nationalsozialistischer Parolen, Schlagworte oder Symbole (Lässig in Höpfel/Ratz, WK2 VerbotsG § 3g, Rz 4 ff). Das Rufen der Wortfolgen „Sieg Heil“ und „Heil Hitler“ ist also strafbar.

Unser Mandant zeigte sich in der vor dem Geschworenengericht abgehandelten Hauptverhandlung – gleich wie der Zweitangeklagte – geständig und er betonte, dass er die ganze Angelegenheit bereut.

Man hat sich in den frühen Morgenstunden in einem sichtlich angetrunkenen Zustand dazu hinreißen lassen, die abgewandelte Version des Liedes von Gigi Dagostino zu singen und in diesem Zuge sind eben auch die strafrechtlich relevanten Äußerungen getroffen worden. Im Nachhinein betrachtet eine wirklich dumme Aktion“, die man sich sparen hätte können.

Zusammenfassend hat unser Mandant um 04:00 Uhr in der Früh schwer angetrunken zusammen mit dem Zweitangeklagten ein – nicht strafbaresLied gesungen und dann eben unüberlegt Dinge gesagt welche er im Nachhinein bedauert.

Im vorliegenden Fall wurde die Erstangeklagte, welche auch von dem Zweit- und dem Drittangeklagten entlastet wurde, freigesprochen. Der Vorwurf gegen den Zweitangeklagten konnte diversionell erledigt werden und der Drittangeklagte wurde – auch aufgrund einer zwischenzeitlichen Verurteilung wegen eines Suchtgiftdeliktes – zur einer Zusatzfreiheitsstrafe verurteilt. Der Hitlergruß konnte jedoch nicht nachgewiesen werden.

Die Staatsanwalt Wels sprach in ihrem Eröffnungsplädoyer ua von einem „Prototyp“ der Wiederbetätigung und dass die Anzeigen wegen dem Delikt der Wiederbetätigung markant gestiegen wären; der Nationalsozialismus wäre vor allem bei der jüngeren Generation ein zunehmendes Problem.

Dieser – nach unserem Dafürhalten äußerst einseitigen – Ansicht war jedoch zu widersprechen. Unserem Mandanten konnte kein Hang zum Nationalsozialismus nachgewiesen werden (es wurde etwa – vermutlich mangels Relevanz – von der Staatsanwaltschaft keine Hausdurchsuchung angeordnet, im Zuge derer man nationalsozialistisches Material gefunden hätte, unser Mandant ist sozial bestens integriert und war strafrechtlich unbescholten).

Das am 08.05.1945 in Kraft getretene Verbotsgesetz hat den Zweck, die NSDAP, ihre Wehrverbände, ihre Gliederungen und angeschlossene Verbände sowie alle sonstigen nationalsozialistischen Organisationen und Einrichtungen zu verbieten. Nach § 3 des Verbotsgesetzes ist es jedermann untersagt, „sich, sei es auch außerhalb dieser Organisationen, für die NSDAP oder ihre Ziele irgendwie zu betätigen“.

Der historische Gesetzgeber aus dem Jahr 1945 hatte es unserer Meinung nach wohl nicht im Sinn, dass sich im Jahr 2024 betrunkene junge Personen, welche in den frühen Morgenstunden unüberlegte Dinge sagen, die sie im nüchternen Zustand nie sagen würden, – wie Mörder und Schwerverbrecher – vor einem Geschworenengericht verantworten müssen und teilweise mit empfindlichen Strafen verurteilt werden. Gleiches gilt sinngemäß für Jugendliche, welche in „Stickergruppen“ einschlägige Memes posten.

Mag. Robert Rieger, Rechtsanwalt für Strafrecht

weiterführende Links:

https://www.krone.at/3591212

https://www.diepresse.com/19065507/umgedichteter-dagostino-hit-prozess-gegen-drei-junge-angeklagte-in-wels

https://www.heute.at/s/sieg-heil-zu-gigi-dagostino-hit-trio-vor-gericht-120071613

https://www.derstandard.at/story/3000000244757/umgedichteter-dagostino-hit-drei-angeklagte-in-wels-vor-gericht

Mag. Robert Rieger

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