Diese Woche gelang es unserem Team erneut, einen Erfolg zu verbuchen.
Unserem vielfach vorbestraften Mandanten wurden gleich mehrere Delikte vorgeworfen:
- Unser Mandant hätte eine andere Person durch Versetzen eines Faustschlags ins Gesicht am Körper verletzt und dadurch, wenn auch nur fahrlässig, eine schwere Körperverletzung nämlich einen Bruch des Unterkiefers, herbeigeführt.
Zusätzlich hätte unser Mandant im Sommer 2024 im Zuge eines Public Viewings
- eine andere Person durch Versetzen eines Faustschlags in das Gesicht in Form einer Schwellung im Gesicht am Körper verletzt.
- sich auf andere als die in den §§ 3a bis 3f VerbotsG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, indem er während der von ca. 500 Personen besuchten öffentlichen Übertragung des Europameisterschaftsspiels Österreich gegen Frankreich mit dem rechten Arm den Hitlergruß dargeboten habe und mit der linken Hand einen Hitlerbart imitiert habe.
- eine fremde Sache, nämlich eine Glasscheibe im Eingangsbereich des Magistrats der Stadt Wels, beschädigt, indem er diese einschlagen habe.
Insgesamt habe unser Mandant daher
- das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB
- das Verbrechen der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB
- das Verbrechen der nationalsozialistischen Wiederbetätigung nach § 3g Abs 1 und 2 VerbotsG
- das Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB
begangen.
Da unser Mandant bereits 14 (!) Vorstrafen aufwies, betrug der ursprüngliche Strafrahmen 1 bis 15 Jahre (Strafverschärfung bei Rückfall; § 39 Abs 1a StGB).
Dass unser Mandant kein „Kind von Traurigkeit“ ist, war von Anfang an klar. Er bekannte sich zu den vorgeworfenen Körperverletzungen und der Sachbeschädigung auch geständig.
Nicht jedoch zum Vorwurf der Wiederbetätigung.
In der Anklageschrift hieß es:
„Betätigung im nationalsozialistischen Sinn“ meint jedes Verhalten, das geeignet ist, (zumindest) eine der spezifischen Zielsetzungen der NSDAP zu neuem Leben zu erwecken oder zu propagieren und solcherart zu aktualisieren. Nach ständiger Judikatur fällt darunter jede unsachliche, einseitige sowie propagandistisch vorteilhafte Darstellung nationalsozialistischer Maßnahmen und Ziele.
Ein ausdrückliches Gutheißen ist nicht erforderlich. Zur Tatbestandsverwirklichung bedarf es nicht der Verfolgung der Gesamtheit der zum Gedankengut des Nationalsozialismus gehörigen Ziele, vielmehr genügt die Förderung einzelner typisch nationalsozialistischer Programmpunkte. Tatbildlich ist auch ein als typisch nationalsozialistisch zu beurteilender Handlungskomplex, dessen Teilakte isoliert betrachtet nicht den Tatbestand des § 3g erfüllen.
Als objektiv geeignet, das Tatbildmerkmal der Betätigung im nationalsozialistischen Sinn zu verwirklichen, erachtet der Oberste Gerichtshof unter anderem die Glorifizierung der Person Adolf Hitlers und die propagandistische Verwendung typisch nationalsozialistischer Parolen (wie ein Hitlergruß), Schlagworte oder Symbole (Lässig in Höpfel/Ratz, WK2 VerbotsG § 3g, Rz 4 ff).
Die Qualifikation des § 3g Abs 2 VerbotsG ist dann erfüllt, wenn die Begehung auf eine Weise erfolgt, dass sie vielen Menschen zugänglich wird. Unter dem Begriff „viele“ Menschen sind etwa 30 Personen zu verstehen. Zugänglich ist nicht gleichbedeutend mit (tatsächlich) zugegangen. Es ist daher nicht tatbestandessentiell, dass die Äußerung (wenigstens) rund dreißig Menschen erreicht, sondern dass die konkrete Gefahr eines solchen Erreichens bestanden hat (Lässig in Höpfel/Ratz, WK2 VerbotsG § 3h Rz 3).
Dem Angeklagten wäre es darauf angekommen, durch das Darbieten des Hitlergrußes und das Imitieren eines Hitlerbarts spezifische Zielsetzungen der NSDAP zu propagieren und solcherart zu aktualisieren.“
Diese Ansicht der Staatsanwaltschaft Wels teilten wir nicht. Im Ergebnis gelang es uns die Geschworenen zu überzeugen und der Geschworenensenat kam zum Ergebnis, dass unser Mandant den Hitlergruß sowie den Hitlerbart zwar verwirklicht hat, ihm jedoch kein entsprechender Vorsatz nachzuweisen ist.
Freispruch von der Wiederbetätigung, Schuldspruch für die übrigen Delikte.
Dadurch gelang es unserem Team, den Strafrahmen massiv zu reduzieren, was eben „nur“ 3,5 Jahre Haft bedeutete. Das Urteil wurde sofort „angenommen“.
Mag. Robert Rieger, Rechtsanwalt für Strafrecht
weiterführende Links:
https://www.meinbezirk.at/wels-wels-land/c-lokales/welser-zuckt-bei-em-spiel-voellig-aus_a7256983