Beantragt der Kindesvater oder die Kindesmutter gem § 181 ABGB die alleinige Obsorge (und sohin gleichzeitig die Entziehung der Obsorge vom Antragsgegner) bei Gericht, so ist dieser Antrag im sogenannten Außerstreitverfahren abzuwickeln.
Im Außerstreitverfahren werden überwiegend privatrechtliche Ansprüche geregelt, denen die Gestaltung von Rechtsbeziehungen mit dauerhaftem Charakter inhärent ist. Es geht also um zukunftsträchtige Entscheidungen des Gerichtes bei Streitigkeiten von Personen, die trotzdem weiter miteinander leben müssen. Im Gegensatz zum klassischen Zivilverfahrensrecht ist diese Verfahrensart von zahlreichen Vereinfachungen geprägt und weitgehend formfrei. Dennoch haben beide Verfahrensarten zumeist eine Gemeinsamkeit: die (oft langwierige) Verfahrensdauer.
Es gibt jedoch leider Konstellationen, die einer raschen und unverzüglichen gerichtlichen Entscheidung bedürfen. So etwa im Obsorgeverfahren, wenn das Kindeswohl (akut) gefährdet ist; in diesen Fällen gilt es das Kind zu schützen und dem Gefährder unverzüglich die Obsorge zu entziehen.
Eine Gefährdung des Kindeswohls ist definitionsgemäß dann gegeben, wenn die Obsorgeberechtigten ihre Pflichten objektiv nicht erfüllen oder diese subjektiv gröblich vernachlässigen bzw durch ihr Verhalten schutzwürdige Interessen des Kindes konkret gefährden.
Nach der Rechtsprechung muss die physische oder psychische Gesundheit oder die rechtlich-wirtschaftliche Sphäre des Kindes gefährdet sein. Dabei hat sich das Gericht am konkreten Einzelfall zu orientieren. Maßgebend dabei ist, dass sich das Kind behütet und geborgen wissen muss. Vom Gericht ist das Gesamtverhalten zu beurteilen, wobei das Kindeswohl dem Elternrecht grundsätzlich vorgeht. Hierbei ist nicht bloß von der momentanen Situation auszugehen, sondern es sind auch Zukunftsprognosen zu stellen. Dies gilt sowohl für die Entziehung als auch für die Rückübertragung der Obsorge an die Eltern. Auf ein Verschulden des Obsorgeberechtigten kommt es dabei nicht an.
Kindeswohlgefährdung liegt nach der Judikatur insbesondere bei einem nachhaltigen Verstoß gegen das Gewaltverbot des § 137 Abs 2 Satz 2 ABGB vor. Dabei genügt auch ein qualifizierter Verdacht (Deixler-Hübner in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.07 § 182 (Stand 15.1.2021, rdb.at), RZ 7).
Wenn eine konkrete und schwere Gefährdung des Kindeswohls vorliegt und die Belassung des Kindes in der derzeitigen Umgebung eine solche konkrete Gefährdung mit sich bringt, dass Sofortmaßnahmen in der Form einer Änderung des bestehenden Zustandes zwingend geboten erscheinen, ist das Gericht verpflichtet unverzüglich eine einstweilige Anordnung nach § 107 AußStrG zu treffen.
Die einstweilige Anordnung im Außerstreitverfahren dient dem Zweck zum Wohl des Kindes eine notwendige rasche (Zwischen-)Regelung zu treffen – auch wenn für die endgültige Regelung der Obsorge noch die Einholung von Beweisen (beispielsweise ein Sachverständigengutachten oder aber auch die Vernehmung von Zeugen) erforderlich wäre.
Die einstweilige Anordnung ist gem § 44 AußStrG vorläufig verbindlich und vollstreckbar, einem Rechtsmittel kommt daher keine aufschiebende Wirkung zu.
In diesen dringenden Fällen ist zum Wohle des Kindes jedoch nicht nur das unverzügliche Handeln des Gerichtes, sondern auch die umgehende Bearbeitung der Sache durch mich als Anwalt erforderlich.
An dieser Stelle darf ich daher den einen oder anderen (zukünftigen) Mandanten um Nachsicht bitten, wenn es aufgrund der Priorisierung derartiger Angelegenheiten unter Umständen zu zeitlichen Verzögerungen in der Bearbeitung anderer Aufträge kommen kann.
Mag. Robert Rieger, Rechtsanwalt für Familienrecht
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