Viele Strafdelikte können auch in einer qualifizierten Art und Weise begangen werden. Eine Qualifikation des Grunddeliktes wirkt sich entweder mildernd oder (teils erheblich) erschwerend auf die zu erwartende Strafe aus.
So etwa bei dem (Grund-)Deliktes des einfachen Diebstahls:
Gemäß § 127 StGB ist derjenige, der eine fremde bewegliche Sache einem anderen mit dem Vorsatz wegnimmt, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, mit Freiheitsstrafe zu bis sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis 360 Tagessätzen zu bestrafen.
Wer einen einfachen Diebstahl jedoch gewerbsmäßig oder als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung begeht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen (§ 130 StGB).
Die Frage, ob im Einzelfall die Gewerbsmäßigkeit vorliegt, hängt von zwei Faktoren ab, wobei beide vorliegen müssen:
- die Absicht des Täters sowie
- eine der in § 70 Abs 1 StGB genannten Voraussetzungen
Einerseits muss der Täter also die Absicht haben, sich selbst durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen.
Das Einkommen ist im „verbleibenden Gewinn“ zu sehen, ein „nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen“ liegt vor, wenn der Täter beabsichtigt, ein durchschnittlich monatliches Einkommen in der Höhe von EUR 400,00 zu erzielen. Eine „längere Zeit hindurch“ bedeutet – je nach Judikaturlinie – mehrere Monate bzw. einige Wochen.
Andererseits muss zusätzlich zur „Absicht“ eine der nachgenannten Faktoren hinzukommen:
- Der Täter handelt unter Einsatz besonderer Fähigkeiten oder Mittel, die eine wiederkehrende Begehung nahelegen,
- der Täter hat zwei weitere solche Taten schon im Einzelnen geplant oder
- der Täter hat bereits zwei solche Taten begangen oder ist schon einmal wegen einer solchen Tat verurteilt worden.
Liegen sowohl die erforderliche Absicht als auch einer der soeben genannten Punkte vor, kommt es bei einer Vielzahl von Vermögensdelikten – so wie eben auch beim Diebstahl – zu einer massiven Straferhöhung.
Insbesondere bei der Frage, ob der Täter zum Tatzeitpunkt die dementsprechende Absicht hatte, ergeben sich Argumentationsmöglichkeiten für den Strafverteidiger.Die Absichtlichkeit liegt nämlich (nur) dann vor, wenn ein bestimmtes Ziel so sehr der Hauptbeweggrund für das Handeln des Täters ist, dass es ihm auf die Verwirklichung desselben geradezu ankommt (EvBL 1976/242).
Es gilt also, auf der Basis von fundierten Anhaltspunkten das Gericht als Entscheidungsorgan inhaltlich zu überzeugen, dass mangels Absicht im vorliegenden Fall eben keine Qualifikation vorliegt und vielmehr lediglich nach dem Grunddelikt zu bestrafen ist. Ob dies letztlich auch gelingt, hängt selbstredend maßgeblich auch vom jeweiligen Sachverhalt und den Umständen des Einzelfalls ab.
Mag. Robert Rieger, Rechtsanwalt in Wels für Strafrecht
Nützliche Links:
http://www.aidp-austria.at/wp-content/uploads/2018/01/Gewerbsm%C3%A4%C3%9Figkeit-im-Strafrecht.pdf
https://epub.jku.at/obvulihs/download/pdf/1392105