Allgemein

Familienrecht: Anfechtung einer Vaterschaft

Anfechtung Vaterschaft

Der Vater eines Kindes ist gemäß § 144 ABGB der Mann,

  1. der mit der Mutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes verheiratet ist oder als Ehemann der Mutter nicht früher als 300 Tage vor der Geburt des Kindes verstorben ist oder
  2. der die Vaterschaft anerkannt hat oder
  3. dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist.

Während die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft im Verfahren außer Streitsachen erfolgt, ist das Vaterschaftsanerkenntnis in den §§ 145 ff ABGB geregelt.

Die Vaterschaft oder Elternschaft ist prinzipiell durch persönliche Erklärung in inländischer öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde anzuerkennen, wobei auch ein Vaterschaftsanerkenntnis vor der Geburt des Kindes möglich ist.

Für die Abgabe des Anerkenntnisses kommen verschiedene Stellen, nämlich das zuständige Bezirksgericht, die Standesämter, die Kinder- und Jugendhilfeträger, die Notare sowie die österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland in Frage.

Wurde das Vaterschafts-/Elternteilsanerkenntnis einmal rechtswirksam abgegeben, so wirkt es gegenüber jedermann (absolute Bindungswirkung). Das Anerkenntnis ist bedingungs- und befristungsfeindlich. Werden mehrere Anerkenntnisse zum selben Kind abgegeben, so entscheidet die Priorität des Einlangens beim zuständigen Standesamt.

Gemäß § 154 ABGB hat das Gericht das Anerkenntnis für rechtsunwirksam zu erklären

1.  von Amts wegen, wenn

a)  das Anerkenntnis oder – im Fall des § 147 Abs. 2 – die Zustimmung des Kindes oder die Bezeichnung des Anerkennenden als Vater durch die Mutter nicht den Formvorschriften entspricht oder

b)  der Anerkennende oder – im Fall des § 147 Abs. 2 – die Mutter oder das Kind nicht entscheidungsfähig war oder der gesetzliche Vertreter des Kindes nicht zugestimmt hat, es sei denn, dass der Mangel der gesetzlichen Vertretung nachträglich behoben wurde oder dass der Anerkennende nach Erreichen der Entscheidungsfähigkeit sein Anerkenntnis gebilligt hat;

2.  aufgrund eines Widerspruchs, es sei denn, es ist erwiesen, dass das Kind vom Anerkennenden abstammt oder – wenn das Kind durch eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung mit dem Samen eines Dritten gezeugt worden ist – dass der Anerkennende dem in Form eines Notariatsakts zugestimmt hat;

3.  auf Antrag des Anerkennenden, wenn er beweist,

a)  dass sein Anerkenntnis durch List, ungerechte und gegründete Furcht oder Irrtum darüber veranlasst worden ist, dass das Kind von ihm abstammt oder dass an der Mutter eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung mit seinem Samen oder mit seiner Zustimmung mit dem Samen eines Dritten vorgenommen wurde oder

b)  dass das Kind nicht von ihm abstammt und er erst nachträglich von Umständen Kenntnis erlangt hat, die für die Nichtabstammung des Kindes sprechen.

Von Amts wegen erfolgt die Rechtsunwirksamkeitserklärung einer Vaterschaft also nur aufgrund der Nichteinhaltung von Formvorschriften.

Für den anerkennenden Kindesvater – anderes gilt jedoch für das Kind und die Mutter – ist ein Widerruf des Anerkenntnisses bis zum Zeitpunkt der Übermittlung der Erklärung von der jeweiligen Stelle an die Personenstandsbehörde möglich. Danach ist nur noch der Antrag auf Rechtsunwirksamerklärung möglich.

Auf Antrag des Kindesvaters ist ein einst abgegebenes Vaterschaftsanerkenntnis dann aufzuheben, wenn er entweder beweisen kann,

  • dass das Anerkenntnis durch List, ungerechte oder gegründete Furcht oder Irrtum veranlasst worden ist oder
  • dass das Kind nicht von ihm abstammt und er erst nachträglich von solchen Umständen Kenntnis erlangt hat, die für die Nichtabstammung des Kindes sprechen.

Während der erste Fall (also List, Irrtum oder Drohung) in der Realität wohl seltener vorkommt, wurden in meiner Kanzlei jedoch bereits öfter Fälle bearbeitet, in denen der Vater erst Jahre nach der Geburt des Kindes (und sohin Jahre nach der Anerkenntniserklärung) ernsthaft an dem tatsächlichen Bestehen der Vaterschaft zweifelte.

Umstände im Sinne des § 154 ABGB können sowohl Tatsachen als auch Beweismittel sein. Zum Beweis dafür, dass der anerkennende Vater von Umständen Kenntnis erlangt hat, darf nach der Lehre sogar eine von ihm heimlich in Auftrag gegebene DNA-Analyse des Kindes verwendet werden, da grundsätzlich auch rechtswidrig erlangte Beweismittel im Gerichtsverfahren verwertet werden dürfen.

Hat der anerkennende Vater ein Vaterschaftsanerkenntnis jedoch trotz Kenntnis der Nichtabstammung des Kindes abgegeben, so ist der Antrag auf Rechtsunwirksamkeitserklärung richtigerweise abzuweisen.

Der Antrag auf Anfechtung des Vaterschaftsanerkenntnisses (richtigerweise: auf Rechtsunwirksamkeitserklärung des Vaterschaftsanerkenntnisses) ist binnen zwei Jahre nach Entdeckung der Täuschung, des Irrtums oder der genannten Umstände bzw. nach Wegfall der Zwangslage einzubringen. Fristauslösend sind hier jedoch nicht bloße vage Mutmaßungen; die konkreten Verdachtsmomente müssen vielmehr von so hoher Beweiskraft sein, dass die Abstammung als höchst unwahrscheinlich angenommen werden kann; bloße Kenntnis vom Mehrverkehr der Mutter reicht nicht aus, ebenso nicht bloße Zweifel oder einzelne Verdachtsmomente (vgl. 5 Ob 196/08x).

Ebenfalls gilt die 30-jährige Verjährungsfrist gem. § 153 Abs 3 ABGB; nach dem 30. Geburtstag des Kindes können daher weder der Anerkennende noch sein Rechtsnachfolger ein Anerkenntnis anfechten.

Bei erfolgreicher Anfechtung des Vaterschaftsanerkenntnisses kann ein allenfalls zu Unrecht bezahlter Kindesunterhalt vom wahren Kindesvater – welcher schließlich zur Zahlung der Alimente verpflichtet gewesen wäre – bereicherungsrechtlich zurückgefordert werden.

Zusammenfassend kann ein einmal abgegebenes Vaterschaftsanerkenntnis auf Antrag des Kindesvaters gerichtlich angefochten werden, wenn Umstände vorliegen, die ernsthaft an der Richtigkeit der Vaterschaft zweifeln lassen. Zumal dieser Antrag längstens binnen 2 Jahre bei Gericht einzubringen ist und eventuell vor dem Prozess Beweismaterial beigeschafft werden muss, ist stets auf den Faktor Zeit zu achten.

Mag. Robert Rieger, Rechtsanwalt für Familienrecht in Wels

weiterführende Links:

https://www.oesterreich.gv.at/themen/familie_und_partnerschaft/geburt/3/1/1/Seite.082400.html#:~:text=Sie%20k%C3%B6nnen%20innerhalb%20von%20zwei,oder%20sie%20gerichtlich%20festgestellt%20wurde.

https://www.kleinezeitung.at/lebensart/ombudsfrau/5966725/Vaterschaftsanfechtung_Alimente-fuer-ein-Kuckuckskind_Ein

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