Allgemein

Strafrecht: die kriminelle Vereinigung

Strafrecht Wels

§ 130 StGB

(1) Wer einen Diebstahl gewerbsmäßig oder als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 12) eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung begeht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

(2) Wer auf die in Abs. 1 bezeichnete Weise einen schweren Diebstahl nach § 128 Abs. 1 StGB oder einen Diebstahl nach § 129 Abs. 1 StGB begeht, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.

(3) Wer auf die in Abs. 1 bezeichnete Weise einen Diebstahl nach § 129 Abs. 2 begeht, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.

In den vergangenen Wochen durfte unsere Rechtsanwaltskanzlei im Rahmen eines Großverfahrens die Strafverteidigung eines Mitangeklagten übernehmen. Zusammenfassend wurde den (angeblichen) Mitgliedern der „McSafe“-Bande unterstellt, sie hätte im Rahmen einer kriminellen Vereinigung durch mehrere Einbruchsdiebstähle einen Gesamtbetrag in der Höhe von EUR 130.000,00 erbeutet.

Aus Verteidigersicht zweifelhaft war von Anbeginn, ob die von der Staatsanwaltschaft angenommenen Voraussetzungen einer „kriminellen Vereinigung“ vorlagen.

Kriminelle Vereinigung

Die kriminelle Vereinigung (§ 278 StGB) ist eine Verbindung von wenigstens drei Personen, die sich auf längere Zeit zur Begehung von nicht geringfügigen Einzeltaten (im aktuellen Fall von Einbruchdiebstählen oder Diebstählen mit Waffen) zusammenschließen.

Diese Personen unterwerfen sich also dem „Gesamtwillen“ der kriminellen Vereinigung; durch das Element der Willenseinigung entsteht die kriminelle Vereinigung. Der Täter muss also durch seine Tat diesen Gesamtwillen umsetzen. Er handelt als Mitglied und nicht als Einzeltäter. Ständige Geschäftsbeziehungen, etwa zwischen Dieben und Hehlern, genügen jedoch nicht (da hier kein Gesamtwillen vorliegt).

Dieser Zusammenschluss muss für längere Zeit angelegt sein, wobei nach der einschlägigen Rechtsprechung ein Zeitraum von mehreren Wochen oder ein gänzlich unbestimmter Zeitrahmen vorliegen muss. Dass der Zusammenschluss tatsächlich auch eine längere Zeit besteht, ist hingegen nicht erforderlich. Der Tatbestand der kriminellen Vereinigung ist auch dann erfüllt, wenn lediglich ein einzelner Diebstahl ausgeführt wurde, dieser jedoch beispielsweise eine längere Vorbereitungs- und Planungszeit bedurfte.

Damit die Qualifikation der kriminellen Vereinigung nach § 130 Abs 1 StGB erfüllt ist, muss der Täter selbst (!) Mitglied der kriminellen Vereinigung sein; er muss sich also mit zumindest zwei anderen Personen zu einer kriminellen Vereinigung zusammengeschlossen haben oder ist dieser nach deren Gründung beigetreten. Ein Diebstahl unter Mitwirkung eines Mitgliedes einer kriminellen Vereinigung – ohne dass der Täter jedoch selbst Mitglied ist – erfüllt die Qualifikation nicht.

Die Mitgliedschaft selbst muss aus anderen Umständen als der Tatbeteiligung abgeleitet werden, beispielsweise aus einer ausdrücklichen Beitrittserklärung. Dass der Täter den Diebstahl zu Gunsten oder im Interesse der Vereinigung begeht, ist nicht erforderlich. Es genügt, dass der Täter den Diebstahl im Rahmen der kriminellen Vereinigung bloß zu seinem eigenen Vorteil begeht.

Ob die Mitwirkung als unmittelbarer Täter, Mittäter, als Bestimmungs- oder Beitragstäter erfolgt, ist ebenfalls irrelevant, weshalb ein anderes Mitglied auch nicht am Tatort anwesend sein oder unmittelbar zur Tat beitragen muss, das Vorbereitungsstadium ist hierbei ausreichend. Ablenkungsmanöver durch ein anderes Mitglied bei der Tatausführung sind etwa ebenfalls erfasst.

Von der kriminellen Vereinigung (§ 278 Abs 2 StGB) zu unterscheiden ist hingegen die kriminelle Organisation (§ 278a StGB), die eine Vereinigung mit dichterer Organisationsstruktur ist. Für die kriminelle Organisation sind, zusätzlich zu den Elementen der kriminellen Vereinigung, besondere Strukturen (Unternehmensähnlichkeit; etwa Führungsebene, Ressourcen, Tatmittel) notwendig.

Ziel der strengeren Bestrafung bei Vorliegen einer kriminellen Vereinigung bzw. Organisation ist die stärkere Bekämpfung professioneller Tatbegehung durch Formen der organisierten Kriminalität. Unter dem Blickwinkel des Gesetzgebers macht den Diebstahl im Rahmen einer kriminellen Vereinigung besonders verwerflich, dass die Mitglieder bei der Begehung von Diebstählen mit der Unterstützung durch die anderen Mitglieder rechnen können.

Im Fall „McSafe“ konnte das Schöffengericht im Zuge eines ausführlichen Beweisverfahrens nach zwei Verhandlungstagen letztlich davon überzeugt werden, dass die Qualifikation der kriminellen Vereinigung nicht erfüllt wurde. Insbesondere konnte der erforderliche „Gesamtwillen“ nicht mit dem für das Strafverfahren erforderlichen Beweismaß festgestellt werden.

Die sieben Angeklagten waren im Ergebnis daher unter einem (bei weitem) milderen Strafsatz zu bestrafen, was in Summe eben (nur) 13,5 Jahre Haft bedeutete. Unter Anrechnung der Vorhaft und unter Berücksichtigung der Möglichkeit der bedingten Entlassung nach § 46 StGB („großer Bittsteller“) ist mit einer baldigen Enthaftung zu rechnen.

Mag. Robert Rieger, Rechtsanwalt in Wels für Strafrecht

https://www.krone.at/2938762

https://www.krone.at/2969106

https://www.rechteasy.at/wiki/kriminelle-vereinigung/

https://www.derstandard.at/story/2000082759960/ein-paragraf-als-ausdruck-der-hilflosigkeit

https://unipub.uni-graz.at/obvugrhs/content/titleinfo/213270/full.pdf

Mag. Robert Rieger

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